Promovieren während der Elternzeit: Meine Erfahrungen und 4 Tipps, wie du Doktorarbeit und Baby unter einen Hut bekommst

Bist du gerade in Elternzeit oder erwartest ein Baby und fragst dich, wie du deine Elternzeit auch für die Promotion nutzen kannst? In diesem Beitrag schildere ich dir meine Erfahrungen und gebe dir vier Tipps, wie du Baby und Dissertation miteinander vereinen kannst.

Promovieren mit Baby

Promovieren während der Elternzeit

Relativ zu Beginn meiner Promotionszeit wurde ich schwanger mit meinem ersten Kind.

Zu der Zeit hatte ich eine volle Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule und dementsprechend wenig Zeit für die Dissertation. Zusammen mit der Freude auf das Baby schlich sich bei mir die (naive…) Hoffnung ein, dass ich während der Elternzeit – ich plante elf Monate – endlich Zeit hätte, um meine Dissertation ordentlich voranzubringen.

In meiner Vorstellung eröffnete sich mir fast ein Jahr voller selbstbestimmter Zeit – ohne in Lehrveranstaltungen zu unterrichten, ohne Uni-Verwaltungsaufgaben, ohne Arbeitsaufträge von meinem Chef.

Ich steckte mir hohe Ziele für meine Doktorarbeit, denn so ein Baby schläft tagsüber ja auch viel, und wenn ich drei Stunden täglich an der Dissertation arbeiten könnte, dann müsste ja ordentlich was zu schaffen sein.

So dachte ich zumindest.

Ich war, wie gesagt, schwanger mit meinem ersten Kind … .🙄

Es soll sie ja tatsächlich geben, diese Babys, die tagsüber mehrere Stunden am Stück friedlich alleine in ihrem Babybett schlafen, während die Mama gar nicht weiß, was sie mit ihrer vielen freien Zeit anfangen soll.

Meine Tochter gehörte nicht dazu.

Sie schlief tagsüber, ja, aber nicht mehrere Stunden und schon gar nicht alleine in ihrem Babybett, sondern in ihren ersten Lebensmonaten nur auf mir drauf oder an mir dran.

Ich konnte mich zwischen zwei Dingen entscheiden: Entweder ich legte mich mit ihr zusammen ins Bett oder ich trug sie in der Babytrage spazieren.

Nichts war mit freier, selbstbestimmter Zeit!

Und plötzlich hatte ich das Gefühl, dass meine volle Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin vor dem Baby ein Paradies für eine Promotion war.

Mein Baby war der Typ Baby, den man High-Need-Baby nennt.

Ich war in den ersten Lebensmonaten meiner Tochter extrem gefordert: Viel stillen, tragen, kuscheln.

Schnuller, Kinderwagen und andere Personen außer Mama (und manchmal Papa) wurden nicht akzeptiert und mit langen Schreiorgien quittiert.

Falls du auch gerade so ein Baby zu Hause hast, hier schnell die gute Nachricht: Mein anstrengendes, forderndes und permanent fremdelndes Baby hat sich zu einem sehr entspannten, fröhlichen, aufgeweckten und völlig unkomplizierten Kleinkind entwickelt.

Also bitte keine Angst haben, dass das nun ewig so bleibt.😉

Meine hochgesteckten Ziele für die Elternzeit habe ich also natürlich nicht erreicht und meine Promotionsdauer hat sich durch mein Kind verlängert.

Aber: Ich habe meine Dissertation tatsächlich vorangebracht und hatte keine monatelange Pause.

Und noch viel wichtiger: Ich habe eine wundervolle Tochter zur Welt gebracht und war für sie während dieser so sensiblen Entwicklungsphase da.😊

4Tipps für das Promovieren mit Baby

Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, ist es alles andere als einfach, die Dissertation in der Elternzeit nicht ganz zu vernachlässigen und sich nicht zwischen Baby und Diss zu zerreißen.

Diese vier Gedanken haben mir geholfen, Baby und Doktorarbeit unter einen Hut zu bekommen und die Dissertation in meiner Elternzeit voranzubringen, ohne völlig auf dem Zahnfleisch zu gehen.



#1 Dein Baby kommt an erster Stelle

Du bist in Elternzeit, um dich um dein Baby zu kümmern und für es da zu sein.

Wenn dein Baby zu den sagenumwobenen Babys gehört, die tagsüber mehrere Stunden am Stück schlafen, dann ist das natürlich toll für dich und die Arbeit an deiner Dissertation. Freu dich über die freie Zeit und nutze sie für deine Diss.😊

Wenn dein Baby aber viel Nähe braucht, sich nicht fremdbetreuen lässt und dir dadurch nur wenig Zeit für die Dissertation bleibt, dann akzeptiere es einfach.

Und vor allem: Hab kein schlechtes Gewissen der Doktorarbeit gegenüber!

Dein Kind ist so viel wichtiger!

Vor allem in den ersten Wochen nach der Geburt steht erst einmal das Ankommen im neuen Familienalltag im Mittelpunkt. Die Lebensumstellung ist – gerade beim ersten Kind – riesengroß.

Und es ist völlig normal, dass die Dissertation in dieser Zeit in den Hintergrund rückt.

Fühl dich bitte also nicht schlecht, wenn du deine Prioritäten neu sortierst und die Dissertation in dieser Zeit nicht mehr an erster Stelle steht.

#2 Es ist alles nur eine Phase

Babys entwickeln sich rasend schnell.

Vielleicht braucht dein Baby in den ersten Lebensmonaten ganz viel Körperkontakt, schläft mit 5 Monaten aber plötzlich alleine friedlich in seinem Babybett und du hast eine ganz neue Freiheit.

Vielleicht ist es auch andersherum und dein wenige Wochen alter Säugling lässt sich gerne stundenlang von Oma und Opa im Kinderwagen spazieren fahren – dein 9 Monate altes Baby fremdelt aber plötzlich so stark, dass nur noch Mama oder Papa geht.

Wie auch immer es gerade ist: Freu dich über die entspannten Phasen, genieße sie und nutze sie auch für deine Doktorarbeit.

Und akzeptiere, dass es immer wieder anstrengende Phasen gibt, in denen du wenig für die Dissertation schaffst – und das ist auch in Ordnung so.

Fühl dich dann bitte nicht schlecht und hab kein schlechtes Gewissen.

In anstrengenden Zeiten bitte nicht vergessen: Es ist wirklich alles nur eine Phase!

Und bald sieht es bestimmt schon wieder ganz anders aus.😊

#3 Berücksichtige dein Energielevel

Mit Schlafmangel und dauerquengelndem Baby, das gerade mit dem ersten Zahn kämpft, kann niemand intellektuelle Höchstleistungen vollbringen.

Such dir deshalb gerade für die anstrengenden Phasen Aufgaben, die kein tiefes Nachdenken erfordern, zum Beispiel:

  • Quellen in dein Literaturverwaltungsprogramm eingeben,

  • Abbildungen und Grafiken erstellen,

  • Schreibtisch aufräumen,

  • Notizen sortieren und ordentlich abheften,

  • Layout überarbeiten.

  • Vielleicht hast du auch eine relativ einfache Aufgabe in Bezug auf deine empirische Analyse.

Das alles sind Tätigkeiten, die früher oder später sowieso erledigt werden müssen und auch mit wenig Energie möglich sind.

Heb dir die gedanklich anspruchsvolle Arbeit für Tage mit viel Energie auf.

#4 Kontinuität ist wichtig

Im Alltag mit einem Baby sind lange ungestörte Zeitfenster für konzentriertes Arbeiten selten.

Wichtig ist, dass man trotzdem die Zeit nutzt, die man hat, um Kontinuität zu schaffen.

Ein Buch, das mir während meiner Elternzeit wichtige Impulse gegeben hat, stammt von Joan Bolker und trägt den (etwas reißerischen) Titel Writing Your Dissertation in Fifteen Minutes a Day.

Die Autorin räumt selbst gleich zu Beginn ein, dass langfristig 15 Minuten am Tag natürlich nicht ausreichen, um eine Doktorarbeit in angemessener Zeit fertigzustellen. Der Gedanke hinter dem Titel ist aber, dass kontinuierliches Arbeiten – und sei es nur für 15 Minuten am Tag – die Chancen, dass du deine Dissertation tatsächlich irgendwann erfolgreich fertigstellst, enorm erhöht.

Bolker betont, dass diese Kontinuität wichtiger ist als die Zeit, die du für die Doktorarbeit aufwendest.

Durch ein kontinuierliches Dranbleiben bewirkst du nämlich, dass du immer genau weißt, wie du gerade sinnvoll weiterarbeiten kannst.

Du stehst nie vor einem riesengroßen Berg an Arbeit und weißt nicht, wo du überhaupt anfangen sollst. Vor so einem riesengroßen Berg stehend kann es nämlich leicht passieren, dass man gar nicht mehr anfängt und die Dissertation dann für viele Monate pausiert.

Außerdem summieren sich die vielen kleinen Arbeitsschritte zu großen Ergebnissen.

Wenn du jeden Tag an fünf Tagen pro Woche nur zwei Seiten schreibst, schaffst du in einem Monat ungefähr 40 Seiten und in drei Monaten schon circa 120 Seiten. (Das ist nur ein Rechenbeispiel und soll nicht heißen, dass du erwarten solltest, in deiner Elternzeit jeden Tag zwei Seiten zu schreiben.😉)

Versuch, am Ball zu bleiben – und wenn es nur für 5, 10 oder 15 Minuten am Tag ist.

Zusatztipp: Auch du bist wichtig!

Bei all diesen Tipps, wie man Baby und Dissertation unter einen Hut bekommen kann, ist es mir wichtig zu betonen, dass du dich selbst dabei bitte nicht vergisst.

Während der ersten Lebensmonate eines Babys befindet man sich in einer Ausnahmesituation.

Wenn du dich zwischen den Bedürfnissen deines Babys und deiner Dissertation zerreißt, dann wirst du das nicht lange durchhalten.

Nicht jede Minute, in der dein Baby schläft oder von einer anderen Person betreut wird, kann und sollte für die Promotion genutzt werden.

Manchmal muss man solche freien Zeiten einfach zum Schlafen, Essen, Duschen oder Nichtstun nutzen.😉

Höre auch immer auf deine eigenen Bedürfnisse und nimm dir bitte die Pausen, die du brauchst.

Fazit

Baby und Dissertation geht zusammen!

Es ist anstrengend, klar.

Aber für mich persönlich war es eine tolle Kombination. Denn der Alltag mit einem Baby ist zwar herausfordernd, aber auch eintönig. Wunderschön, aber auch langweilig.😉

Mir persönlich hat es sehr gut getan, noch ein intellektuell herausforderndes Projekt zu haben. Etwas, das nur für mich ist. Etwas, das ein krasser Kontrast zu allen Babythemen ist.

Wichtig ist – wie immer im Leben – die Balance.

Nutze die Zeitfenster, die du hast. Aber mach dich nicht kaputt.

Und außerdem: Es ist ein Klischee, aber ich muss es trotzdem loswerden: Sie werden so schnell groß! Die Elternzeit ist eine ganz besondere Zeit, die schnell vergeht und nie wieder kommt.

Dafür kann man die Dissertation zwischendurch auch einfach mal Dissertation sein lassen.😊

Diese Blogbeiträge könnten dich auch interessieren:

Zurück
Zurück

Warum sich meine Kinder positiv auf meine Promotion ausgewirkt haben

Weiter
Weiter

Einleitung der Doktorarbeit schreiben