Doktorarbeit: Zeitplan nicht eingehalten? Wie du glücklicher und erfolgreicher promovieren kannst, indem du dich nicht auf deine Ziele fokussierst

Sich konkrete und erreichbare Ziele zu setzen, wird meistens empfohlen, um das zu erreichen, was man sich vorgenommen hat – eine Doktorarbeit zu schreiben zum Beispiel. Genauso häufig wie dieser Rat ist, kommt es aber vor, dass Doktorand*innen ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen. Frust und Motivationstiefs sind da vorprogrammiert.

In diesem Beitrag zeige ich dir, warum die Fokussierung auf Ziele dich nicht unbedingt zum Erfolg führt und was du stattdessen machen solltest, um glücklich und erfolgreich zu promovieren.

Doktorarbeit Zeitplan und Ziele

Zeitplan für die Dissertation

Zeitpläne, Zwischenziele, Meilensteinplanung – schon zu Beginn der Promotionszeit wird häufig ein ganz detaillierter Plan für die nächsten zwei bis vier Jahre erstellt. Die meisten Doktorand*innen brauchen zum Beispiel für die Zulassung zur Promotion an der Universität ein Exposé – und Teil eines Exposés ist immer auch ein Zeitplan mit klar definierten Zwischenzielen.

Innerhalb von sechs Monaten möchtest du vielleicht deine Literaturrecherche abgeschlossen und deine Kapitel zum theoretischen Rahmen geschrieben haben. Drei Monate gibst du dir für die Datenerhebung und weitere drei Monate für die Datenanalyse und -auswertung. Und so weiter.

Um es kurz zu machen: Ich kenne keine Doktorandin und keinen Doktoranden, die bzw. der sich an den einmal erarbeiteten detaillierten Zeitplan halten konnte. Stattdessen kenne ich sehr viele (mich eingeschlossen), die regelmäßig ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreicht haben. Spätestens wenn auch der zum sechsten Mal angepasste Zeitplan nicht eingehalten werden kann, steht Frust auf der Tagesordnung. Ziele nicht zu erreichen, ist eben ein Misserfolg. Und wenn man Woche für Woche, Monat für Monat dem eigenen Zeitplan hinterherhechtet, macht Promovieren wirklich keinen Spaß mehr.

Warum es fast nicht möglich ist, den Zeitplan einzuhalten

Woran liegt es, dass so viele Doktorand*innen ihre Ziele nicht erreichen und immer unzufriedener mit dem Verlauf ihres Promotionsprojektes werden? Eine Dissertation zu schreiben ist ein hochkomplexer Prozess – und der ist bis zu einem gewissen Grad einfach nicht planbar.

Wenn du noch nicht weißt, wie die Ergebnisse deiner empirischen Analyse aussehen, kannst du noch nicht gut abschätzen, wie lange du wohl für die Interpretation dieser brauchen wirst. Vielleicht ergibt sich bei der Interpretation auch ein ganz neuer Aspekt, den du nachträglich noch in deinen theoretischen Rahmen der Arbeit einarbeiten musst – und zack, bist du wieder in der Literaturrecherche, obwohl du dachtest, diese Phase sei längst abgeschlossen.

Dazu kommen vielleicht noch Lebensumstände, die nicht schon Jahre vorher eingeplant werden, aber den Fortschritt an deiner Dissertation stark beeinflussen können: eine längere Krankheit, Beziehungsprobleme – oder auch schöne Sachen wie eine Schwangerschaft.

Zeitpläne, die über mehrere Jahre Arbeitspakete und Meilensteine einer Dissertation definieren, funktionieren in den seltensten Fällen. Seinen Zeitplan während der Promotionszeit nicht einhalten zu können, ist also völlig normal.



Warum dich Zielsetzungen nicht unbedingt erfolgreicher machen

Die Fokussierung auf langfristige Zielsetzungen birgt also ein hohes Frustrationspotential – doch was ist mit kurzfristigen Zielen? Vielleicht nimmst du dir vor, innerhalb der nächsten drei Tage ein Kapitel zu überarbeiten oder innerhalb einer Woche fünf Fachaufsätze durchzuarbeiten.

Nach gängiger Meinung sind es genau solche konkreten Ziele, die einen motivieren sollen und zum Erfolg führen. Doch auch die Fokussierung auf kurzfristige Ziele kann dich unter Umständen eher behindern als dir zu helfen – nämlich genau dann, wenn du nur deine Zielsetzungen fokussierst und darüber das vergisst, worauf es wirklich ankommt: Deine Arbeitsweise.

Diesen Gedanken hat James Clear in seinem Buch Atomic Habits – An Easy & Proven Way to Build Good Habits & Break Bad Ones (deutscher Titel: Die 1 % Methode – minimale Veränderung, maximale Wirkung) ausführlich ausgeführt. Clear (2020, 37ff.) betont die simple und dennoch oft vernachlässigte Erkenntnis, dass nicht das bloße Anstreben von Zielen zum Erfolg führt, sondern das, was man jeden Tag macht.

Zum Beispiel gibt dir das Ziel, den theoretischen Rahmen deiner Dissertation zu schreiben, zwar eine Richtung vor, sagt aber noch nichts darüber aus, wie der Weg dorthin aussieht.

Wenn es dir beispielsweise schwer fällt, mit der Arbeit anzufangen, und du nicht so richtig weißt, wie du ins Schreiben kommen kannst, dann bringt es dir nichts, dir ambitionierte Ziele zu setzen. Ob und wie du den Weg zum Ziel bewältigst (also deine Arbeitsorganisation; das, was du tagtäglich tust), ist stattdessen entscheidend für deinen Erfolg.  

Statt also Zeitplänen hinterherzulaufen, sie ständig wieder anzupassen, über Ziele nachzugrübeln und sich über Misserfolge zu ärgern, stecke deine Zeit und Energie besser in die Entwicklung einer gut funktionierenden Arbeitsroutine, durch die du dein Promotionsprojekt langfristig und kontinuierlich voranbringst.


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Warum die Fokussierung auf Ziele unzufrieden machen kann

Clear (2020, 41) nennt noch einen weiteren Grund, weshalb man nicht zu viel Zeit mit Zielsetzungen verbringen sollte: Durch die Fokussierung auf den Output kann man schnell in Gedankenmuster verfallen wie: „Wenn ich die Interpretation meiner Analyse fertig habe, dann kann ich mich entspannen.“ Oder: „Wenn ich erst die Rohfassung meiner gesamten Dissertation geschrieben habe, dann habe ich einen großen Meilenstein erreicht und bin zufrieden mit mir.“

Das Problem dabei ist, dass solche Meilensteine nicht sehr häufig sind. Mach deine Zufriedenheit deshalb nicht vom Erreichen von einzelnen Zwischenzielen abhängig. Sonst könnte die Promotionszeit zu einer ziemlich blöden Zeit mit viel Frust werden.

Gib dir selbst die Erlaubnis, nicht erst dann zufrieden sein zu dürfen, wenn du ein bestimmtes Ziel erreicht hast. Eine gut funktionierende Arbeitsroutine ist Grund genug, um jeden Tag zufrieden mit sich sein zu können. Denn wenn du für dich persönlich gut funktionierende Systeme gefunden hast, dann bist du jeden Tag erfolgreich – egal, ob du nun gerade ein Kapitel fertiggestellt hast oder nicht.

Warum du dennoch einen Zeitplan und Ziele haben solltest

Zeitpläne können sowieso nicht eingehalten werden, die (alleinige) Fokussierung auf Ziele ist nicht sinnvoll – solltest du also gar keine Planung mehr machen? Doch! Du brauchst einen groben Plan, um einen Überblick über alles noch Anstehende zu bekommen und du brauchst Ziele, um deiner Arbeit eine Richtung zu geben.

Außerdem gibt es ein Phänomen, das du bestimmt schon bei dir selbst beobachten konntest: Aufgaben füllen mindestens die Zeitspanne aus, die man ihnen gibt, und sehr selten weniger (auch bekannt als Parkinsonsches Gesetz).

Bei einer Doktorarbeit könnte man an so vielen Stellen immer noch mehr machen: Noch mehr Fachaufsätze lesen, ein Kapitel noch etwas umschreiben, noch weiter überarbeiten usw. An einem gewissen Punkt muss man einfach sagen: „Mehr Zeit möchte ich nicht aufwenden – ich habe genug gemacht und widme mich jetzt anderen Aufgaben.“ Und um zu erkennen, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, ist es gut, einen groben Überblick über das gesamte Projekt zu haben.

Wie so häufig geht es also auch hier um eine gute Balance: Ziele und ein grober Zeitplan (mit viel Puffer wegen der besagten Unplanbarkeit) machen Sinn. Dein Fokus sollte aber auf der Etablierung einer Arbeitsroutine liegen, durch die du kontinuierlichen Fortschritt erreichst.

Zum Weiterlesen:

Clear, James (2020): Die 1 % Methode – minimale Veränderung, maximale Wirkung. München: Goldmann Verlag.

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