Rohfassung der Doktorarbeit schreiben: In den Schreib-Flow kommen und schnell viel Text produzieren

Du hast einen großen Teil deiner Forschung für die Doktorarbeit bereits abgeschlossen und musst jetzt nur noch alles zusammenschreiben? In diesem Beitrag geht es darum, wie du es schaffst, in den Schreib-Flow zu kommen und schnell und einfach viel Text zu produzieren (ohne dabei zu leiden).

Rohfassung der Doktorarbeit schreiben

“Jetzt nur noch alles zusammenschreiben“

Wenn du schon an dem Punkt angekommen bist, dass du die Rohfassung deiner Doktorarbeit schreiben möchtest, dann bist du endgültig mittendrin im Promotionsprojekt.

Vorher hast du bestimmt viel gelesen und weißt schon ziemlich gut über dein Forschungsthema Bescheid. Du hast zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich auch schon deine Analyse bzw. Studie durchgeführt, wenn du eine empirische Arbeit schreibst. Das heißt, du hast schon jede Menge geschafft und viel, auf dem du aufbauen kannst. Du kannst zu Recht Stolz auf deinen Fortschritt sein!

Jetzt geht es also ans Aufschreiben aller deiner Gedanken, Ideen, Ergebnisse und Erkenntnisse zu dem, was einmal deine Dissertation wird. Dieses “nur noch alles zusammenschreiben“ hat es aber in sich. Denn obwohl eigentlich ja alles “da ist“, ist es nicht so leicht, alles auch in ein Textdokument zu gießen.

Viele Promovierende erleben an diesem Punkt eine regelrechte Schreibblockade. Sie wissen nicht, wie und wo sie überhaupt anfangen sollen mit dem Schreiben – schließlich gibt es so viel zu schreiben und es soll ja auch richtig gut sein!

Andere beginnen zwar mit dem Schreiben, kommen aber so langsam voran, dass der Schreibprozess zu einer einzigen Qual wird: Ein Satz wird geschrieben, für nicht gut genug befunden, wieder überarbeitet oder sogar komplett gelöscht. Ein neuer Versuch wird gestartet. Immer noch hört es sich total holprig an. Also weiter bearbeiten.

Nach mehreren Stunden Schreibarbeit unter großem Leiden ist vielleicht eine halbe Seite zusammengekommen. Und die Erkenntnis schleicht sich ein, dass man bei diesem Tempo noch Jahre brauchen wird, um die Doktorarbeit schreiben.

In beiden Fällen ist es wahrscheinlich, dass etwas mit dem Anspruch an die Rohfassung der Doktorarbeit nicht stimmt.

Was eine Rohfassung ist und was sie nicht ist

Viele Doktorand*innen gehen mit dem Anspruch an die Rohfassung, dass diese eine erste Fassung der Doktorarbeit ist, die schon bereits allen Ansprüchen an wissenschaftliche Arbeiten genügt.

Dies ist allerdings eine ziemlich problematische Ansicht, weil sie den Schreibprozess stark verkomplizieren kann.



Die Rohfassung deiner Dissertation ist tatsächlich eine sehr, sehr unvollkommene Version deiner Arbeit. Sie ist – wie der Name schon sagt – noch roh, also noch nicht weiter bearbeitet worden.

Deine Rohfassung ist ein Text, in dem deine wichtigsten Inhalte aufgeschrieben sind. Sie ist aber keine Version deiner Doktorarbeit, die schon jegliche Ansprüche an wissenschaftliche Arbeiten erfüllt.

Eine Rohfassung hat wahrscheinlich schon eine gewisse Gliederung und Struktur, aber muss noch kein in Stein gemeißeltes Inhaltsverzeichnis haben. Sie besteht (in Teilen) schon aus zusammenhängendem Text, muss aber noch keine perfekte Themenentfaltung und stichhaltige Argumentationslinie aufweisen. In ihr sind wahrscheinlich schon einige Referenzen eingearbeitet, aber noch nicht alle Fachtexte, die in der Arbeit genannt werden sollten. Einige Sätze drücken vielleicht schon präzise und klar aus, was du sagen willst, viele andere vermutlich noch nicht.

Warum du die Phasen ‘Schreiben’ und ‘Überarbeiten’ trennen solltest

Dass eine Rohfassung noch ziemlich weit von einem perfekten wissenschaftlichen Text entfernt ist, hat einen einfachen Grund: Niemand schreibt aus dem Stehgreif brillante wissenschaftliche Texte.

Der Schreibprozess einer wissenschaftlichen Arbeit ist einfach zu komplex, um alle Ebenen der Bearbeitung (Inhalt, Argumentation, Form, Stil, Rechtschreibung, Ausdruck etc.) in einem Rutsch zu meistern. Wer das vorhat, erstarrt entweder in einer waschechten Schreibblockade oder kommt nur extrem langsam voran, was den Schreibprozess zur Qual werden lässt.

Für einen angenehmen und gut laufenden Schreibprozess ist es daher hilfreich, die Phasen ‘Schreiben’ und ‘Überarbeiten’ bewusst voneinander zu trennen.

Wenn du deine Rohfassung schreibst, dann ist es dein Job, “einfach nur” Inhalte zu Papier zu bringen. Der eloquente Ausdruck, die stichhaltige Argumentationslinie und der wissenschaftliche Stil kommen später.

Wie du die Rohfassung deiner Doktorarbeit vorbereiten kannst: Das Zero Draft

Auch wenn sich der Begriff ‘Rohfassung‘ nach dem Beginn des Schreibprozesses anhört, plädiere ich dafür, noch viel früher anzufangen. Am einfachsten funktioniert der Schreibprozess einer Doktorarbeit nämlich, wenn dich das Schreiben vom ersten Moment deiner Promotionszeit an begleitet. Das kann dann zum Beispiel so aussehen:

  • Sobald du etwas liest, machst du dir Notizen dazu. Und zwar nicht nur über das, was du gerade gelesen hast, sondern auch deine eigenen Gedanken, Ideen und Verbindungspunkte zu deiner Dissertation. Handschriftlich in Stichpunkten, als Mind-Map oder auch in einem Literaturverwaltungsprogramm oder Textdokument – ganz egal, Hauptsache du schreibst.

  • Während du deine empirische Studie durchführst, notierst du dir, was du gerade tust. Das muss noch kein völlig ausgereifter Text über deine Methodik sein, sondern können auch einfach ein paar Stichpunkte in einem Notizbuch oder Textdokument sein.

  • Während du deine Daten analysierst, notierst du dir alles, was dir so auf- und einfällt. Jegliche Hypothese, Idee und Erkenntnis – auch, wenn sie zunächst noch ziemlich “unausgegoren“ wirken.

In einem anderen Beitrag habe ich diese Methode, bei der du das Schreiben so früh, einfach und niedrigschwellig wie möglich beginnst, nach Joan Bolker als Zero Draft-Methode bezeichnet (also ‚Null-Entwurf-Methode‘). Der Name passt meiner Meinung nach perfekt, denn er drückt aus, dass Schreibprodukte dieser Art natürlich noch nicht als eine Version deiner Doktorarbeit gelten – aber zusammen bilden sie so etwas wie einen Entwurf. Und dieser Entwurf ist die Basis für deine Rohfassung.

Wenn du es aber nun verpasst hast, gleich zu Beginn deines Promotionsprojektes mit dem Schreiben anzufangen - keine Panik!

Du kannst natürlich auch jetzt noch den einfachen und niedrigschwelligen Start ins Schreiben wählen und mit deinem Zero Draft beginnen. Mach dir Notizen und Stichpunkte, schreib deine Gedanken und Ideen auf - ganz egal, wie unfertig sie noch wirken und ganz egal, in welcher Form!

Vielleicht hört sich diese Chaos-Methode zunächst etwas zeitaufwendig an, denn schließlich möchtest du ja möglichst schnell zu deiner Rohfassung kommen, die schon eine gewisse Struktur aufweist. Nach meiner Erfahrung entsteht eine Rohfassung mit einem Zero Draft aber viel schneller und müheloser, sodass sich dieser Extraschritt lohnen wird.


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In 2 Schritten vom Zero Draft zur Rohfassung deiner Dissertation

Und so geht es weiter, wenn du bereits jede Menge chaotische Schreibprodukte (also dein Zero Draft) erstellt hast, um zu deiner Rohfassung zu kommen:

Schritt 1: Lesen und Sortieren

Als erstes geht es ans Sichten von allem, was du bereits erarbeitet hast: Lies dir alle bislang gesammelten Schreibprodukte durch. Das Ziel dieses Sichtens ist es, deine Schreibprodukte zu sortieren, sodass du nach und nach eine grobe Struktur deiner Arbeit und einzelner Kapitel entwickeln kannst.

Je nach bevorzugter Vorgehensweise kann dieser Arbeitsschritt sehr unterschiedlich aussehen. Du kannst zum Beispiel deine digitalen Notizen in einem Textdokument verschieben und so eine Struktur entwickeln. Wenn du bislang vor allem handschriftlich gearbeitet hast, dann könntest du dir beispielsweise einen (physischen) Ordner anlegen, in dem du deine Notizen sortiert nach Kapiteln in eine logische Reihenfolge bringst.

Schritt 2: Schreiben

Auf Basis deiner Schreibprodukte kannst du nun an einem (zumindest teilweise) zusammenhängenden Text arbeiten. Du fängst also nicht bei Null mit dem Schreiben an, sondern hast schon ziemlich viel, auf dem du aufbauen kannst. Je nachdem, wie ausgefeilt dein Zero Draft schon ist, wirst du nun umformulieren, Stichpunkte zu ganzen Sätzen umschreiben und auch völlig neue Absätze schreiben.

2 Tipps, mit denen du schnell viel Text produzieren kannst

1. Schreibfluss nicht unterbrechen

Um schnell viel Text produzieren zu können, ist es wichtig, den Schreibfluss dabei nicht zu unterbrechen.

Wenn du zum Beispiel stockst, weil dir eine Referenz fehlt, dann markiere die Stelle im Text und mach erstmal weiter. (Du kannst beispielsweise in Fettdruck oder farblich hervorgehoben “(Ref)“ hinter den Satz schreiben.)

Wenn du beim Schreiben merkst, dass dir gerade das richtige Wort fehlt, dann markiere die Stelle im Text und mach erstmal weiter. (Ich schreibe in solchen Fällen einfach ein paar Fragezeichen in den Text.)   

Wenn du dich zwischen mehreren Wörtern nicht entscheiden kannst und dir nicht sicher bist, welches besser passt, dann schreib einfach alle Varianten auf (Wort1/Wort2/Wort3) und mach erstmal weiter.

Wenn du dir bei einer Aussage nicht sicher bist, ob sie tatsächlich so stimmt, wie du sie gerade formuliert hast, dann markiere dir die Textstelle und mach erstmal weiter.

Wie du siehst, ist das Prinzip ganz einfach: Konzentriere dich völlig darauf, deine Inhalte aufzuschreiben und halte dich nicht mit “Feinheiten“ auf. Indem du dir die Textstellen, an denen du noch etwas überprüfen oder ergänzen musst, markierst, kannst du mit gutem Gewissen weiterschreiben.

2. Schreib nur für dich selbst

Und nun noch der zweite Tipp, um schnell voranzukommen: Schreib nur für dich selbst.

Du sortierst deine Gedanken, du bringst deine Erkenntnisse zu Papier, du entwickelst nach und nach deine Argumentationslinie.

Denk in dieser Phase noch nicht an deine Leser*innen, sondern bleib ganz bei dir als Schreiber*in. Die Leser*innen stellt man sich nämlich meistens viel zu kritisch vor, was einen beim Schreiben ganz schön hemmen kann. Außerdem ist es schwer, das besagte Chaos im Text zuzulassen, wenn man gedanklich schon bei der Frage ist, wie der Text wohl aufgenommen wird.

In der Phase des Schreibens kannst du mit gutem Gewissen jeden Gedanken an Leser*innen ignorieren. Deine Leser*innen werden noch früh genug berücksichtigt: In der Phase der Überarbeitung dreht sich dann nämlich alles darum, wie deine Inhalte so arrangiert und verpackt werden können, dass deine Leser*innen genau das verstehen, was du auch meinst.

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Doktorarbeit: Zeitplan nicht eingehalten? Wie du glücklicher und erfolgreicher promovieren kannst, indem du dich nicht auf deine Ziele fokussierst