Arbeitsroutine schaffen: Wie du die Arbeit an deiner Doktorarbeit zur täglichen Gewohnheit machst
Möchtest du jeden Tag ganz selbstverständlich mit deiner Doktorarbeit weiterkommen und produktiv durchstarten? In diesem Beitrag zeige ich dir, wie du eine Routine entwickeln kannst, mit der die Arbeit an deiner Dissertation zur täglichen Gewohnheit wird.
Inhaltsverzeichnis
Warum du eine Arbeitsroutine für deine Promotion entwickeln solltest
Wie funktionieren Gewohnheiten? Und was heißt das für meine Dissertation?
3 Faktoren, die helfen, wirklich mit der neuen Gewohnheit zu starten
Wie schaffe ich es, immer wieder an der Dissertation zu arbeiten?
Ab wann ist die Arbeit an der Dissertation eine Routine geworden?
Warum du eine Arbeitsroutine für deine Promotion entwickeln solltest
Ein häufiger Grund, weshalb Promovierende unzufrieden sind, ist, dass sie das Gefühl haben, nicht genug Zeit für ihre Doktorarbeit aufzuwenden. Neben zum Beispiel einem (Uni-)Job bleibt einfach ziemlich wenig Zeit, um die Dissertation voranzutreiben. Wenn dann möglicherweise auch noch ein oder mehrere Kinder da sind, erscheint es manchmal fast unmöglich, Zeit für die Doktorarbeit zu finden.
Andere Doktorand*innen stehen vor dem scheinbar gegenteiligen Problem: Wenn du mit einem Stipendium promovierst, hast du theoretisch den ganzen Tag über Zeit, an deiner Doktorarbeit zu arbeiten. So viel freie Zeit selbst zu strukturieren und sich einen Arbeitsalltag zu schaffen, in dem man nicht am heimischen Schreibtisch vereinsamt, ist eine ganz eigene Herausforderung.
Häufig sind deshalb auch Promovierende mit Stipendium unzufrieden mit ihrem Alltag. Arbeit und Privates verschwimmen, das Anfangen ist schwer, wenn man theoretisch den ganzen Tag Zeit hat, es gibt keinen richtigen Feierabend und ständig ist da dieses Gefühl, nicht genug für die Dissertation gemacht zu haben.
Es ist kein Geheimnis, dass du, um deine Doktorarbeit produktiv voranzubringen, nicht nur daran arbeiten solltest, wenn sich ausnahmsweise mal ein freies Zeitfenster in deinem vollen Alltag ergibt (für die Doktorand*innen mit zu wenig Zeit) oder du dich gerade richtig motiviert dazu fühlst (für die Doktorand*innen mit zu viel Zeit).
Nein, du solltest natürlich regelmäßig und kontinuierlich daran arbeiten. Und dabei hilft es dir, eine Arbeitsroutine zu entwickeln.
Ich bin der Meinung, dass deine Arbeitsroutine tatsächlich einer der wichtigsten Faktoren ist, die darüber entscheiden, ob du es bis zum Doktortitel schaffst oder vorher das Handtuch wirfst.
Wenn du es schaffst, eine Routine zu etablieren, mit der die Arbeit an deiner Dissertation zu einer regelmäßigen Gewohnheit wird, dann hast du beste Chancen, dieses riesige Projekt zu meistern.
Denn indem du dir eine feste Arbeitsroutine schaffst, priorisierst du deine Doktorarbeit und überlässt es nicht mehr dem Zufall, ob du Zeit dafür findest (unverzichtbar für Doktorand*innen mit zu wenig Zeit).
Außerdem strukturierst du damit deine Arbeitszeit und weißt, wann du genug für einen Tag gearbeitet hast und mit gutem Gefühl Feierabend machen kannst (riesiger Vorteil für Doktorand*innen mit zu viel Zeit).
Wenn man über Routinen und Gewohnheiten spricht, kommt man aktuell an einem Autor nicht vorbei: James Clear hat mit seinem Buch Atomic Habits – An Easy & Proven Way to Build Good Habits & Break Bad Ones einen internationalen Bestseller gelandet (deutscher Titel: Die 1 % Methode – minimale Veränderung, maximale Wirkung).
Clears Buch hat zwar ganz im Stil typischer amerikanischer Ratgeberliteratur einen überschaubaren Inhalt, der ausführlich ausgebreitet wird, lohnt sich aber trotzdem zu lesen, wenn man einen einfachen Leitfaden sucht, mit dem man an seinen Gewohnheiten arbeiten kann.
Ein weiteres lesenswertes Buch zum gleichen Thema stammt von der Psychologie-Professorin Wendy Wood mit dem Titel Good Habits Bad Habits – The Science of Making Positive Changes That Stick.
Die meiner Meinung nach wichtigsten Erkenntnisse für die Promotionszeit aus beiden Büchern habe ich hier für dich zusammengefasst.
Wie funktionieren Gewohnheiten? Und was heißt das für meine Dissertation?
Eine Gewohnheit ist eine Handlung, die so häufig wiederholt wurde, dass sie automatisiert abläuft. Du handelst sozusagen, bevor du dich bewusst dafür entschieden hast.
Zähne putzen ist ein Beispiel dafür. Die allermeisten von uns denken nicht jeden Tag darüber nach, ob und wann sie die Zähne putzen sollten. Stattdessen gehen wir ganz automatisch morgens nach dem Aufstehen ins Badezimmer und greifen zur Zahnbürste.
Eine Doktorarbeit zu schreiben ist natürlich nicht so simpel wie sich die Zähne zu putzen – die Arbeit an der Dissertation kann aber genauso zur Gewohnheit werden. Und das hat einige Vorteile:
Die Arbeit an der Dissertation hat einen festen Platz in deinem Alltag;
du musst dich nicht zum Arbeiten aufraffen, sondern fängst ganz mühelos an;
durch kontinuierliches Arbeiten erzielst du auch kontinuierlich Fortschritte;
du überarbeitest dich nicht und brennst nicht aus, sondern hast eine gute Balance zwischen Dissertation und Leben.
Wie kann ich eine neue Gewohnheit etablieren?
Um eine neue Gewohnheit zu etablieren, ist es wichtig, sich konkret zu überlegen, wann, wo und wie diese neue Gewohnheit stattfinden soll.
Aus schwammigen Vorsätzen wie “Ab morgen werde ich jeden Tag etwas für die Doktorarbeit tun“ kann keine neue Gewohnheit entstehen.
Ein konkreter Handlungsplan könnte hingegen so aussehen (siehe auch Clear 2020, 91ff.):
Morgens, wenn ich im Büro angekommen bin, koche ich mir zuerst einen Tee, fahre dann meinen Computer hoch, öffne mein Dokument für die Doktorarbeit und beginne mit dem Schreiben. Ich schreibe eine Stunde lang und erst danach schaue ich in meine E-Mails.
Wenn bei dir nicht alle Tage gleich aussehen, kannst du natürlich auch mehrere Handlungspläne schmieden und dir überlegen, an welchem Tag du wann, wo und für wie lange an deiner Doktorarbeit arbeiten möchtest.
Ich hatte unterschiedliche Abläufe je nachdem, ob ich in meinem Büro an der Uni oder zu Hause gearbeitet habe, und je nachdem, ob ich an dem entsprechenden Tag unterrichtet habe oder nicht.
Der Vorteil eines konkreten Handlungsplans ist, dass du nicht immer wieder aufs Neue eine Entscheidung treffen musst, ob und wann du mit der Arbeit anfängst, denn das hast du bereits entschieden. Du musst den Plan “nur noch“ umsetzen.
3 Faktoren, die helfen, wirklich mit der neuen Gewohnheit zu starten
Für die Umsetzung hilft es dir, den Kontext der neuen Gewohnheit optimal zu gestalten (vgl. Wood 2019, 83ff.). Clear (2020, 74f.) meint, dass die neue Gewohnheit so offensichtlich, einfach und attraktiv wie nur möglich sein sollte.
Offensichtlich
Für die Gewohnheit ‘an der Doktorarbeit arbeiten‘ heißt das zum Beispiel, dass alles, was du für deine Arbeit brauchst, direkt greifbar sein sollte und nicht verborgen unter anderen Dingen.
Im Umkehrschluss sollte alles, was dich von der neuen erwünschten Gewohnheit abhält, nicht offensichtlich in deiner Umgebung sein. Zum Beispiel könntest du dein E-Mailprogramm für die Zeit, in der du an der Dissertation arbeitest, geschlossen halten, um nicht in Versuchung zu geraten, direkt auf eingehende Mails zu reagieren.
Einfach
An der Doktorarbeit zu arbeiten ist natürlich nicht einfach, sondern ein ziemlich komplexes Projekt, es gibt aber Tricks, mit denen man sich den Einstieg in die Arbeit so einfach wie möglich gestalten kann.
Schau hierzu gerne in meinen Artikel zum Thema Prokrastinieren, in dem ich dir drei Tipps vorstelle, mit denen dir das Anfangen leichter fällt.
Attraktiv
Wir Menschen neigen dazu, ein Verhalten als attraktiv zu empfinden, wenn unser soziales Umfeld es als erstrebenswert ansieht (vgl. Clear 2020, 143ff.).
Für die Promotionszeit ist es auch nach meiner eigenen Erfahrung eine große Hilfe, wenn man sich mit anderen Doktorand*innen, die alle das gleiche Ziel haben, zusammentut.
Im letzten Jahr meiner Promotionszeit habe ich mir ein Büro mit einer lieben Kollegin geteilt, die ähnlich weit mit ihrer Doktorarbeit war wie ich. Wir hatten es uns beide zur obersten Priorität gemacht, unsere Dissertationen schnell fertig zu bekommen. Diese Bürogemeinschaft hat uns beiden und unseren Arbeiten enormen Aufschwung verliehen.
Wie schaffe ich es, immer wieder an der Dissertation zu arbeiten?
Die Chancen, dass du ein erwünschtes Verhalten wiederholst, steigen, wenn du für das Verhalten belohnt wirst. Belohnungen spielen tatsächlich eine große Rolle bei der Bildung von Gewohnheiten, denn wir wiederholen ein Verhalten natürlich bereitwilliger, wenn es für uns befriedigend ist (vgl. Wood 2019, 115ff.; Clear 2020, 221ff.).
Wichtig dabei ist, dass du eine sofortige Belohnung erhältst.
Langfristige Belohnungen wie der Doktortitel, der dir möglicherweise irgendwann ein höheres Gehalt einbringt, werden von unserem Gehirn nicht in direkten Zusammenhang mit dem in diesem Moment erwünschten Verhalten gebracht.
Eine Möglichkeit, sich für die Arbeit an der Dissertation zu belohnen, ist es, sich den eigenen Fortschritt immer wieder bewusst zu machen – und zwar auf einer ganz konkreten Ebene. Am besten hat das bei mir mit einem Erfolgstagebuch geklappt.
In ein Erfolgstagebuch trägst du nach jedem Arbeitstag (oder auch nach jeder Arbeitswoche) ein, was du alles geschafft hast. Zum Beispiel: Über Problem X nachgedacht und Idee für Lösungsansatz entwickelt oder zwei Seiten zum Forschungsüberblick geschrieben oder auch Fachaufsatz Y durchgearbeitet.
Diese kleinen Schritte werden sich zu dem großen Ganzen zusammenfügen und dich zum Ziel führen – würdige sie also, indem du sie dir bewusst machst! Und du wirst sehen, dass sich dein Erfolgstagebuch schnell füllt und es unheimlich motivierend ist, immer mal wieder durchzublättern.
Ab wann ist die Arbeit an der Dissertation eine Routine geworden?
Jetzt fragst du dich wahrscheinlich noch, wie oft du dich ganz bewusst für die Arbeit aufraffen musst, bis du endlich von den Vorteilen der neuen Gewohnheitsbildung profitierst.
Ab wann bist du so sehr in der Routine, dass du ganz selbstverständlich und ohne große Kraftanstrengung an der Doktorarbeit arbeitest? Oder mit den Worten von Wood (2019, 99): “so when does the magic happen?“
Nach wie vor geistert die Zahl 21 durch die Ratgeberliteratur. 21 Tage lang sich aufraffen und zum Anfangen zwingen und dann – zack – passiert es fast von selbst.
So schön es auch wäre – leider handelt es sich hier um einen Mythos wie Wood (2019, 102f.) schreibt. Genau messen, ab wann etwas eine Gewohnheit ist, ist zudem gar nicht möglich – die Übergänge vom bewussten zum automatisierten Handeln sind fließend. Mit zunehmender Wiederholung einer Handlung wird sie graduell immer automatisierter.
Fest steht allerdings: Bei komplexen Handlungen (wie eine Doktorarbeit zu schreiben) dauert es länger, bis sie zur Gewohnheit werden, als bei einfacheren (wie jeden Morgen ein Glas Wasser trinken).
Aber Dranbleiben lohnt sich!
Denn vielleicht wird dir nach zwei oder drei Monaten plötzlich auffallen, dass du dich in der letzten Zeit gar nicht mehr zu der Arbeit aufraffen musstest, sondern es gerade so richtig gut läuft mit deiner Doktorarbeit.
Herzlichen Glückwunsch, dann bist du in deiner Arbeitsroutine angekommen :-)
Zum Weiterlesen:
Clear, James (2020): Die 1 % Methode – minimale Veränderung, maximale Wirkung. München: Goldmann Verlag.
Wood, Wendy (2019): Good Habits Bad Habits – The Science of Making Positive Changes That Stick. London: Macmillan.