Die "Cleared-Deck Fantasy": Warum du nicht auf den perfekten Zeitpunkt warten solltest
Zu wenig Zeit für die Promotion? Bist vielleicht auch du in die Falle der "Cleared-Deck Fantasy" getappt? 🤔
Dieser Blogbeitrag beleuchtet, was es damit auf sich hat, wie du nicht mehr auf den perfekten Zeitpunkt wartest und die Dissertation endlich leichter in dein Arbeitsleben integrieren kannst.
Was ist die "Cleared-Deck Fantasy"?
Kennst du das auch? Dieses Gefühl, dass erst alle anderen To-Dos vom Schreibtisch geräumt werden müssen, bevor du dich endlich deiner Dissertation widmen kannst?
Ich kenne das aus meiner eigenen Promotionszeit nur zu gut. Ich habe in Sprachwissenschaften promoviert, daneben an der Uni gearbeitet (mit Lehrverpflichtung) und erinnere mich genau, dass ich während des Semesters häufig dachte: "Wenn die Vorlesungszeit vorbei ist, dann habe ich endlich wieder etwas mehr Luft. Und dann, ja dann kann ich richtig loslegen mit der Dissertation!"
Aber, oh Wunder! In der vorlesungsfreien Zeit kamen dann Konferenzen, andere Aufgaben an der Uni, Hausarbeiten, die bewertet werden mussten, vielleicht auch mal ein Urlaub...
Irgendetwas schien immer dazwischenzukommen. Und dieser Gedanke – "Wenn dies oder das erledigt ist, dann habe ich endlich mehr Zeit für mein Promotionsprojekt!" – wurde zum ständigen Begleiter.
Es gab immer irgendwelche To-Dos, die mich abgehalten haben. Und damit meine ich nicht die kleinen, alltäglichen Dinge, die einen kurz im Arbeitsalltag ablenken – wie eine E-Mail, auf die man schnell reagieren muss, oder ein Team-Meeting, das den Arbeitstag zerschießt.
Ich spreche von den "größeren" Brocken, die sich in den Terminkalender schleichen und vorgaukeln, dass sie jetzt absolute Priorität haben. Das kann zum Beispiel die Planung und Durchführung von Lehrveranstaltungen sein, die Vorbereitung eines Vortrags für eine Konferenz oder Aufgaben in deinem Job außerhalb der Uni. Größere Aufgaben, bei denen du dir denkst: "Erst muss ich das erledigen, dann – ja dann! – habe ich endlich den Kopf für meine Dissertation frei."
Joli Jensen nennt dieses Gedankenmuster in ihrem Buch Write No Matter What die "Cleared-Deck Fantasy".
✨Fantasy✨ – denn, wenn wir ehrlich sind, wissen wir: Dass alles andere erledigt ist, dass keine anderen größeren To-Dos anstehen und wir viel freie, ungestörte Zeit für unser Promotionsprojekt haben werden, das ist reine Fantasie.
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Echte Ausnahmesituationen vs. normaler Alltag
Natürlich gibt es Ausnahmesituationen, die es wirklich für eine gewisse Zeit unmöglich machen, an der Dissertation zu arbeiten. Vielleicht ein Umzug, bei dem das Chaos oft so groß ist, dass kaum Raum für konzentriertes Arbeiten bleibt. Oder der Start in einem neuen Job, der all deine Energie und Aufmerksamkeit fordert.
Das sind Phasen, in denen es absolut normal und in Ordnung ist, wenn die Promotion in den Hintergrund rĂĽckt.
Ich glaube jedoch, dass wir manchmal vielleicht etwas zu oft denken, dass wir uns in einer Ausnahmesituation befinden. Und wir die Augen davor verschlieĂźen, dass das, was wir gerade als zu voll empfinden, um auch noch an einem Promotionsprojekt zu arbeiten, eigentlich unser ganz normaler Alltag ist.
Haben wir verlernt, den Unterschied zwischen einer echten Ausnahmesituation und dem normalen Alltag zu erkennen?
Auf die innere Stimme hören
Ich glaube, dass wir tief in uns drinnen oft schon wissen, ob wir uns gerade wirklich in einer außergewöhnlichen Situation befinden, die es unmöglich macht, an der Dissertation zu arbeiten. Oder ob wir eigentlich in unserem normalen Leben sind – in dem normalen Alltag, in den wir die Dissertation integrieren müssen, weil wir sonst nie promovieren werden.
Wenn ich ehrlich auf die Zeit zurückblicke, in der ich der “Cleared-Deck Fantasy” verfallen war, dann weiß ich, dass ich in mir drinnen schon den Verdacht hatte, dass es doch wahrscheinlich nie ruhiger wird, dass immer etwas Neues hinzukommen wird und ich nie promovieren werde, wenn ich darauf warte, dass keine anderen größeren Aufgaben anstehen.
Deshalb rate ich dir: Sei ehrlich mit dir selbst. Nimm dir einen Moment Zeit und spĂĽre in dich hinein.
Was sagt diese leise Stimme in dir?
Sagt sie "Im Moment herrscht wirklich Chaos, ich komme kaum zum Atmen. Bald wird es viel besser werden."?
Oder flüstert sie vielleicht eher "Eigentlich wäre jetzt schon ein bisschen Zeit, und wenn man ehrlich ist: wirklich besser wird es doch nicht, der Alltag bleibt nun mal so wie er ist."?
Ist das wirklich eine Ausnahmesituation, oder ist das nicht eher doch der ganz normale, oft volle Alltag mit all seinen Verpflichtungen?
Ich glaube, wir sind eigentlich kompetent, wenn es darum geht, diese Unterscheidung zu treffen. Manchmal haben wir nur verlernt, auf unsere innere Stimme zu hören.
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Sich vom perfekten Zeitpunkt verabschieden
Falls dir deine innere Stimme sagt, dass die Arbeit am Promotionsprojekt momentan wirklich unmöglich zu schaffen ist und du aber gleichzeitig weißt, dass du eigentlich in deinem normalen Alltag bist – dann ist es Zeit, etwas an deinem Alltag zu verändern, wenn du promovieren willst.
Wenn dir deine innere Stimme sagt, dass du gerade tatsächlich in einer Ausnahmesituation bist und es in absehbarer Zeit besser wird – dann akzeptiere ohne schlechtes Gewissen, dass die Promotion für eine bestimmte Zeit in den Hintergrund rückt.
Wenn dir deine innere Stimme aber sagt, dass du eigentlich in deinem ganz normalen Alltag bist, der nie frei von anderen Verpflichtungen sein wird, und du nie promovieren wirst, wenn du es nicht schaffst, die Dissertation in diesen Alltag einzubauen – dann ist es Zeit, sich von der Illusion des perfekten Zeitpunkts zu befreien.
Das Leben ist dynamisch und unvorhersehbar, und es werden immer wieder neue Aufgaben, Verpflichtungen und Ablenkungen auf dich zukommen. Anstatt darauf zu warten, dass sich die Umstände bessern, musst du die Initiative ergreifen. Die Zeit für deine Promotion musst du dir aktiv in deinem Alltag schaffen und ihr Priorität einräumen – inmitten all der anderen Dinge, die eben auch da sind und deine Aufmerksamkeit fordern. Betrachte deine Promotionszeit nicht als eine separate Phase, die erst beginnt, wenn alles andere erledigt ist, sondern als einen integralen Bestandteil deines gegenwärtigen Lebens.
Das Schreiben in den normalen Alltag integrieren
Es geht darum, realistische Erwartungen zu entwickeln und anzuerkennen, dass Fortschritt oft in kleinen Schritten und nicht in großen, ungestörten Blöcken erfolgt.
Eine konkrete Strategie, die helfen kann, trotz vollem Alltag das Promotionsprojekt nicht zu vernachlässigen, ist das sogenannte "Snack-Schreiben" (mehr dazu kannst du in diesem Blogartikel erfahren). Statt auf die große, freie Zeit am Stück zu warten, versuche, deine Schreibzeit in kleine, überschaubare Snacks zu zerlegen. 15, 20 oder 30 Minuten.
Solche kleinen Zeitfenster lassen sich leichter in einen vollen Alltag einbauen als stundenlange, ungestörte Arbeitszeiten. Diese kleinen Einheiten scheinen vielleicht erst einmal unbedeutend zu sein, aber in der Summe können sie einen großen Unterschied machen.
Fazit
Wenn du – wie so viele Promovierende – das Gefühl haben solltest, dass du einfach zu wenig Zeit für deine Promotion hast und erst noch jede Menge To-Dos erledigen musst, bevor du den Kopf frei für die Dissertation hast, dann hör mal in dich hinein: Befindest du dich wirklich in einer Ausnahmesituation oder bist du doch in die Falle der “Cleared-Deck Fantasy” getappt?
Sei ehrlich mit dir selbst und hör auf deine innere Stimme: Wird der Alltag ruhiger werden, wird es tatsächlich demnächst mehr Zeit geben?
Oder wird immer etwas dazwischenkommen?
Wenn Letzteres zutrifft, dann ist es Zeit, sich von der “Cleared-Deck Fantasy” zu lösen und zu akzeptieren, dass du dir aktiv Zeit für dein Promotionsprojekt nehmen musst. In diesem Fall ist das Snack-Schreiben eine Strategie, die du auf jeden Fall einmal ausprobieren solltest. Regelmäßige, kurze Zeitfenster können nämlich der Game-Changer sein.