Promotionsbetreuung: So holst du dir das beste Feedback für deine Dissertation

Gutes und konstruktives Feedback ist ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Promotion. Im Idealfall kann ein Gespräch mit deiner Betreuungsperson deinen Horizont erweitern, dich auf neue Ideen bringen, gedankliche Knoten lösen, deinen Text optimieren und dir Sicherheit geben, dass du auf dem richtigen Weg bist.

In der Realität sind viele Doktorand*innen durch das Feedback der Betreuungsperson aber leider nicht motiviert und inspiriert – sondern überwältigt, verwirrt, gestresst und frustriert. Manchmal ist es auch schwierig, überhaupt Feedback zu erhalten. Oder die erste Rückmeldung, die du auf deine Forschung bekommst, besteht aus 253 Kommentaren in deinem eigentlich fast fertigen Paper. 🤯

In diesem Blogartikel schauen wir uns an, wie du Feedback-Situationen planen und proaktiv vorbereiten kannst und mit welchen Strategien du die Chancen drastisch erhöhen kannst, wirklich hilfreiches Feedback zu erhalten.


Warum das "Review-System" in der Promotionsbetreuung scheitert

Feedback von der Promotionsbetreuung zu erhalten, klingt erst einmal nach einer einfachen Sache. Doch in der Praxis lauern Tücken, die dazu führen können, dass du zwar viel Arbeit, aber wenig Vorteil durch das Feedback hast.

Häufig gehen Betreuungspersonen so vor: Sie lassen ihre Doktorand*innen "erst einmal schreiben" und kommentieren anschließend die Textentwürfe (Exposé, Kapitel der Dissertation oder ganze Paper). Dieses Vorgehen ähnelt dem Review-Prozess eines Journals: Fachexpert*innen begutachten einen Text von anderen Fachexpert*innen, prüfen die Qualität und geben Hinweise zur Verbesserung.

Was zur Qualitätssicherung von Journals gut funktioniert, ist bei der Betreuung von Promovierenden allerdings suboptimal. Für viele Promovierende ist diese Art des Feedback-Gebens und -Erhaltens alles andere als hilfreich. In der Praxis beobachte ich häufig diese vier zentralen Probleme:

Problem #1: Kein niedrigschwelliges Feedback

Eigentlich befindest du dich beispielsweise in der Phase der Inhaltsentwicklung oder der Strukturerarbeitung und bräuchtest eine niedrigschwellige Rückmeldung, um gut weitermachen zu können (z.B. "Ist diese Gliederung logisch?" oder "Ist dieser theoretische Ansatz tragfähig?").

Stattdessen verlangt das "Review-System" das Gegenteil: Du musst zunächst einen fertigen, vorzeigbaren Text (Exposé, Kapitel oder Paper) produzieren. Dies ist alles andere als niedrigschwellig, weil es…

… die Prioritäten verkehrt: Du investierst viel Zeit in die Ausformulierung, obwohl du inhaltlich oder strukturell noch gar keine Bestätigung hast, dass dein Ansatz stimmt. Die gewünschte frühzeitige Rückmeldung auf den Inhalt bekommst du nur, wenn du den Umweg über den fertigen Text gehst.

… blockiert: Du hast im Hinterkopf, dass der Text bald von deiner Betreuungsperson gelesen wird. Dadurch fällt es dir eventuell schwer, zunächst eine wirklich rohe Rohfassung zu schreiben. Viele Schreiber*innen rutschen während des Schreibens ständig in die Überarbeitung der eigenen Formulierungen, weil sie schon beim ersten Entwurf einen hohen Qualitätsanspruch erfüllen wollen (oder müssen, wenn ein Feedback-Termin naht). Das erstickt Kreativität und innovative Einfälle im Keim und kann den Schreibprozess sehr zäh und langsam machen (Mehr dazu, warum die Phasen Schreiben und Überarbeiten unbedingt getrennt werden sollten, kannst du in diesem Blogartikel lesen).

Das Ergebnis: Das eigentliche Erarbeiten und Entwickeln des Themas wird blockiert, weil du gezwungen bist, dich zu früh mit der perfekten sprachlichen Oberfläche zu beschäftigen.

Problem #2: Lange Wartezeiten

Ein weiteres Problem mit Feedback im “Review-Style" ist, dass es mitunter sehr lange dauern kann, bis du eine Rückmeldung erhältst, nachdem du deiner Betreuungsperson deinen Text geschickt hast.

20, 30, 40 oder sogar 50 Seiten Text lesen und kommentieren braucht Zeit – und Zeit ist bei Betreuungspersonen im Allgemeinen sehr knapp. Promovierende warten nicht selten mehrere Monate auf Feedback. In der Zwischenzeit hängst du in der Luft und kannst manchmal nicht sinnvoll weiterarbeiten. All das verlängert die Promotionszeit unnötig.

Problem #3: Ineffizientes Feedback (Ebenen-Chaos)

Ein Text ist ein komplexes Gebilde mit verschiedenen Ebenen, die aufeinander aufbauen:

  • Inhalte (Qualität und Auswahl)

  • Thematische Entwicklung (roter Faden, Gliederung)

  • Außertextliche Bezüge (vorausgesetztes Vorwissen, Bezüge zur Fachliteratur)

  • Leseführung (metakommunikative Hinweise und innertextliche Bezüge)

  • Sprache

  • Textsortenspezifische Anforderungen (Formales)

Was nun leider häufig passiert: Du erhältst Feedback auf ganz unterschiedlichen Ebenen gleichzeitig. Anmerkungen zum Inhalt stehen dann neben sprachlichen Feinheiten. Ein Hinweis zu einem Fachtext, den du noch berücksichtigen solltest, steht neben korrigierten Rechtschreibfehlern.

Sinnvoll wäre es, wenn ein Text stattdessen Ebene für Ebene angeschaut wird: Beispielsweise muss im ersten Schritt überhaupt erst einmal geklärt werden, ob die gewählten Inhalte grundsätzlich eine gute Basis bilden. Sollte dies nicht der Fall sein, sind häufig erst einmal weitere Recherchen, Lektüre von Fachliteratur oder Gespräche mit Expert*innen nötig – aber ganz und gar nicht sinnvoll sind dann Korrekturen auf der sprachlichen Oberfläche.

Wahrscheinlich ist dies vielen Betreuungspersonen grundsätzlich klar – aber trotzdem sehe ich immer wieder, dass in Texten wild durcheinander alles angemerkt wird, was gerade so auffällt.

Das Ergebnis dieses unstrukturierten Textfeedbacks ist meistens eine große Zeitverschwendung für alle: Die Betreuungsperson kommentiert sprachliche Formulierungen, obwohl der rote Faden noch völlig überarbeitet werden muss und sich damit auch ein Großteil der sprachlichen Formulierungen noch einmal ändert. Du als Promovierende*r musst dich durch einen von Kommentaren übersäten Text quälen und mühsam erschließen, welche Überarbeitungen nun Priorität haben.

Problem #4: Überwältigung und Demotivation

Direkt an Problem #3 anschließend fühlen sich viele Promovierende vom Textfeedback überwältigt und frustriert. Wenn du ein Dokument öffnest und gefühlt von 500 Kommentaren angesprungen wirst, ist es schwer, motiviert in die Überarbeitung zu gehen.

Wenn du dann vielleicht auch noch feststellst, dass dein über Wochen oder Monate mühevoll ausgearbeiteter Text von Grund auf überarbeitet werden muss, weil zum Beispiel wichtige Inhalte fehlen, die eine völlig andere Richtung des gesamten Textes erfordern, ist das sehr frustrierend und demotivierend.

Und es hätte ganz leicht verhindert werden können, indem du nicht erst auf den fertig ausgearbeiteten Text, sondern schon früher im Arbeits- und Schreibprozess Feedback erhalten hättest.

Wie es besser geht: Feedback in jeder Phase bewusst planen

Was viele Promovierende statt Feedback im "Review-Style” brauchen würden, ist Mentoring: Eine erfahrene Person (aka die Promotionsbetreuung), die einem im Forschungs- und Schreibprozess zur Seite steht. Und dieses “zur Seite stehen” kann in den verschiedenen Phasen des Forschungs- und Schreibprozesses sehr unterschiedlich aussehen.

Spoiler: Über eine lange Zeit bedeutet das eben nicht, fertige Texte zu begutachten.

Viele Promotionsbetreuer*innen liefern leider von sich aus kein Mentoring. Die gute Nachricht ist aber: Du kannst eine Menge dafür tun, die Chancen zu erhöhen, trotzdem wirklich sinnvolles und hilfreiches Feedback zu erhalten. Und zwar, ohne dass du mit deiner Betreuungsperson langwierig über die Unterschiede von Review- und Mentoring-Betreuung diskutieren musst.😉

Wenn du an einem Punkt angekommen bist, an dem du Feedback brauchst, stelle dir zuerst diese Frage: "In welcher Schreibphase befinde ich mich gerade und auf was genau brauche ich Feedback?" (Mehr über die verschiedenen Phasen des wissenschaftlichen Schreibprozesses kannst du hier lesen.)

Anschließend bereitest du das Feedback so vor, dass du die Chancen auf eine wirklich hilfreiche Rückmeldung erhöhst.

Im Folgenden zeige ich dir konkrete Ideen für jede Phase deines Schreibprozesses.

Wichtig dabei ist: Mit dieser Liste an konkreten Ideen möchte ich dir nicht suggerieren, dass du alle Feedback-Möglichkeiten nutzen musst und jeden Schritt in deinem Forschungs- und Schreibprozess engmaschig mit deiner Betreuungsperson besprechen sollst. Du entscheidest selbst, an welchen Stellen du dir Unterstützung wünschst und Feedback brauchst, um gut voranzukommen.😊

Phase 1: Orientierungsphase – Den Grundstein legen

In dieser Phase legst du das Fundament für deine gesamte Promotion. Feedback ist hier extrem wichtig, um frühzeitig die Richtung zu klären.

Worauf du Feedback bekommen kannst

  • Deine Themenidee: Forschungsfragen und Hypothesen, geplante Untersuchung, wichtige Forschungsliteratur, theoretischer Rahmen

  • Dein Exposé

Wie du das Feedback vorbereiten kannst

Konzentriere dich zunächst auf die Kerninhalte deines Promotionsthemas. Statt direkt ein ganzes Exposé zu schreiben, kannst du diese in Stichpunkten vorbereiten und das Gespräch mit deiner Betreuungsperson suchen. (Tipp: Mein 0€-Workbook "Starterkit für deine Promotion" ist eine gute Vorlage, um dein Promotionsthema zu entwickeln).

In dieser frühen Phase ist es oft sinnvoller, zunächst mündlich über Ideen und Möglichkeiten für dein Forschungsthema zu sprechen. Zur Unterstützung des Feedback-Prozesses kannst du ein Dokument erstellen, in dem die Eckpunkte deines Promotionsthemas schriftlich festgehalten sind (mehr dazu, wie du dein Thema schriftlich fixieren kannst, kannst du hier lesen) und dieses deiner Betreuungsperson vor eurem Gesprächstermin zusenden.

Wenn die Kerninhalte geklärt und besprochen sind, kannst du dir natürlich auch auf dein Exposé Feedback holen.

Phase 2: Material sammeln und bearbeiten – Fokus auf die Inhalte

Jetzt tauchst du tief in dein Thema ein. In dieser Phase erarbeitest du ausführlich den Forschungsstand und führst deine eigene Forschung durch. Du erarbeitest damit die Inhalte, die die Grundlage für deine Dissertation oder deine Paper bilden werden.

Worauf du Feedback bekommen kannst

Zum Beispiel:

  • Deine Auswahl der Fachliteratur für den Stand der Forschung

  • Dein Verständnis vom theoretischen Rahmen

  • Methodische Vorgehensweise bei der Durchführung deiner eigenen Forschung

  • Deine Einordnung und Interpretation von deinen eigenen Forschungsergebnissen

Wie du das Feedback vorbereiten kannst

In dieser Phase sind ganz unterschiedliche Vorbereitungsformate sinnvoll:

  • Fachliteratur: Schicke deiner Betreuungsperson eine sortierte Liste mit der relevantesten Literatur. Frage gezielt nach weiteren Literaturtipps oder ob sie eine bestimmte Publikation für wichtig hält, die du noch nicht berücksichtigt hast.

  • Theoretischer Rahmen: Erstelle ein Konzept-Papier (mit den wichtigsten Kerninhalten / Stichpunkten deiner verwendeten Theorien). Schicke es deiner Betreuungsperson und bitte um ein Gespräch, um dein Verständnis abzusichern.

  • Methodik: Treten Fragen zur Vorgehensweise auf, entscheide nach Umfang: Bei kleinen Fragen reicht oft eine gezielte E-Mail. Bei umfangreichen Fragen erstellst du eine Liste, schickst diese vorab und bittest um einen gesonderten Gesprächstermin zur Besprechung.

  • Forschungsergebnisse (Interpretation): Bevor du den roten Faden deines Textes festlegst, bespreche deine Interpretation der Ergebnisse. Das funktioniert sehr gut über eine kurze Präsentation (mit Folien). Nutze dafür ein Kolloquium oder bitte um einen gesonderten Gesprächstermin und präsentiere deine Ergebnisse deiner Betreuungsperson.

Phase 3: Material strukturieren – Der rote Faden entsteht

Nachdem du in Phase 2 die Inhalte entwickelt hast, auf denen dein Text basiert, geht es nun darum, die Gliederung zu erstellen und den roten Faden deines Textes zu entwickeln.

Worauf du Feedback bekommen kannst

  • Die thematische Entwicklung deiner Inhalte – sprich: deine Gliederung.

Wie du das Feedback vorbereiten kannst

  • Angereicherte Gliederung: Erstelle deine Gliederung und füge Stichpunkte oder kurze Anmerkungen zu jedem Abschnitt hinzu. Das macht deine Gedankengänge transparent, ohne dass deine Betreuungsperson einen kompletten Text lesen muss. Sie kann dir so eine Rückmeldung zur Logik, zum Aufbau und zum roten Faden geben. Die angereicherte Gliederung kannst du deiner Betreuungsperson vor einem Gesprächstermin schicken. Während des Gesprächs können Rückfragen zum gedanklichen Aufbau direkt geklärt werden und du erhältst Feedback auf deine Struktur.


Faden verloren? Total verzettelt?

Lad dir den Fahrplan für deine Dissertation (für 0€) herunter und bring dein Promotionsprojekt wieder unter Kontrolle!

👉 Das will ich!

Phase 4: Rohfassung schreiben – Kritiker sind nicht willkommen

Die Inhalte sind weitestgehend erarbeitet, die Idee zur thematischen Entwicklung steht – jetzt geht es ans Rohtexten!

Worauf du Feedback bekommen kannst

Dies ist eine Phase, in der du am besten zunächst nur für dich selbst schreibst (siehe auch Problem #1). Probiere Formulierungen aus und lasse den Text sich entwickeln, ohne daran zu denken, dass ihn jemand lesen wird. Auf deine ersten Textentwürfe solltest du dir daher bewusst kein Feedback holen.

Was aber meistens während dieser Phase passiert: Dir kommen beim Schreiben neue Ideen für Inhalte, Zusammenhänge und Verknüpfungen. Oder deine Gliederung erscheint dir nicht mehr passend, und du merkst, dass du sie überarbeiten musst.

Es ist ganz normal, beim Rohtexten immer wieder in die vorhergehenden Phasen zurückzurutschen. Wenn sich hier große Änderungen ergeben, sind das die Aspekte, auf die du dir Feedback von deiner Betreuungsperson einholen kannst.

Wie du das Feedback vorbereiten kannst

Je nachdem, welche Änderungen sich ergeben, kannst du auf die Vorbereitungsformate aus den vorhergehenden Phasen zurückgreifen. Vielleicht möchtest du eine neue angereicherte Gliederung erstellen oder deine Forschungsergebnisse noch einmal präsentieren – wähle die Vorbereitungsformate, die dir sinnvoll erscheinen, aber gib bitte nicht deine Rohtexte raus.😉

Phase 5: Überarbeitung – Jetzt kommt der Text aufs Parkett

Jetzt ist die Zeit, um deine Rohfassung zu einem adressatenorientierten Text zu entwickeln. Endlich: In dieser Phase ist das Feedback auf den Text selbst an der Reihe.

Worauf du Feedback bekommen kannst

Im Idealfall sind die Inhalte, der rote Faden und die Struktur durch die Vorphasen bereits weitestgehend geklärt, sodass sich hier keine großen Überraschungen mehr ergeben sollten. Trotzdem kann es sinnvoll sein, sich auch in dieser Phase Feedback einzuholen, um eine Rückmeldung beispielsweise zum Gesamtbild und zur Adressatenorientierung zu erhalten:

  • Leseführung (Ist die Argumentation leicht nachvollziehbar?)

  • Sprache und Stil (Ist der Ton wissenschaftlich und flüssig?)

  • Kohärenz (Passen die Teile des Gesamttextes logisch zusammen?)

  • Die Schlüssigkeit der übergeordneten Argumentation

Wie du das Feedback vorbereiten kannst

In dieser Phase könntest du das Feedback so vorbereiten:

  • Gezieltes Feedback einfordern: Reiche deinen Text ein und bitte um gezieltes Feedback zu einzelnen Punkten, bei denen du dir unsicher bist (z.B. die Leseführung). Das erhöht die Chance auf sinnvolles und hilfreiches Feedback für dich.

  • Fokussierte Abschnitte senden: Reiche nicht deinen kompletten, umfangreichen Text ein. Wähle stattdessen fokussierte Abschnitte, die für deine Arbeit besonders wichtig sind oder bei denen du dir unsicher bist (z.B. die Einleitung oder die Diskussion). Das macht das Lesen für deine Betreuungsperson übersichtlicher und verkürzt die Wartezeit für dich (siehe Problem #2).

Phase 6: Korrigieren und Editieren – Schluss mit Feedback

Dies ist die finale Phase. Dein Text ist fertig und braucht nur noch den letzten Feinschliff – es geht um die Feinheiten.

Im Idealfall holst du dir jetzt kein Feedback deiner Betreuungsperson mehr ein. Diese Phase dient dem finalen Korrekturlesen und Editieren, um den Text abgabereif zu machen.

Gehe bewusst in diese Phase. Triff die klare Entscheidung: Ab jetzt kein Feedback mehr einholen.

Es ist Zeit, den Sack zuzumachen und die Dissertation oder das Paper abgabereif zu machen.☺️


Faden verloren? Total verzettelt?

Lad dir den Fahrplan für deine Dissertation (für 0€) herunter und bring dein Promotionsprojekt wieder unter Kontrolle!

👉 Das will ich!

Und wenn deine Betreuungsperson trotzdem nur fertige Texte will? (Der Plan B)

Wir wissen also mittlerweile: Feedback auf fast fertige Texte ist in den meisten Phasen nicht sinnvoll. Was aber, wenn deine Betreuungsperson trotzdem darauf besteht, dass du erst einen kompletten Entwurf schreibst? Auch wenn das suboptimal ist, kommt es leider vor.

Die gute Nachricht: Du kannst trotzdem das Beste daraus machen! Hier ist dein Plan B.

Wenn du einen Entwurf zurückbekommst und mit einer Vielzahl an Kommentaren konfrontiert wirst, fühlt sich das im ersten Moment überwältigend und frustrierend an (siehe Problem #4).

Gehe in diesem Fall strukturiert vor:

Schritt 1: Überblick verschaffen & sortieren

Lies im ersten Schritt alle Kommentare durch, um dir einen Gesamtüberblick zu verschaffen. Lass die Emotionen kurz beiseite und konzentriere dich nur auf das, was da steht.

Schritt 2: Priorisieren in drei Kategorien

Nachdem du alles gelesen hast, teile die Kommentare in diese drei Kategorien ein:

  1. Priorität A (Essentiell): Kommentare, die du unbedingt berücksichtigen musst, weil sie essentiell für die Qualität deiner Arbeit sind (z.B. fehlende Inhalte, fundamentale Fehler).

  2. Priorität B (Optional): Vorschläge oder Gedanken deiner Betreuungsperson, die nicht essentiell sind. Prüfe hier kritisch, ob du sie berücksichtigen möchtest. Du weißt am besten, wie viel Zeit und Energie du hast. Es ist völlig in Ordnung, nicht jeden Verbesserungsvorschlag umzusetzen, um den Fokus auf die Fertigstellung zu legen.

  3. Diskussionsbedarf: Kommentare, bei denen dir noch etwas unklar ist oder denen du nicht zustimmst.

    • Vorgehen: Sammle diese Punkte und kläre sie in einem Gesprächstermin oder per E-Mail (bei Kleinigkeiten). Erst nach dieser Klärung können sie in die Kategorien 1 oder 2 eingeordnet werden.

Schritt 3: Überarbeiten (Ebene für Ebene)

Nachdem du in Schritt 2 eine Priorisierung erarbeitet hast, kannst du nun mit der Überarbeitung deines Textes beginnen. Starte mit den Kommentaren der Priorität A. Arbeite dich dann Ebene für Ebene durch deinen Text. Du kannst dich an der folgenden Reihenfolge orientieren:

  1. Inhalte (Qualität und Auswahl: Forschungsergebnisse, Fachliteratur)

  2. Roter Faden, Gliederung, Struktur

  3. Leseführung, Sprache, Stil (inkl. Formulierungen)

  4. Formales (Rechtschreibung, Grammatik, Tabellenbeschriftungen, Fußnoten etc.)

Indem du dich an dieser Reihenfolge orientierst, stellst du ein effizientes Vorgehen sicher. Viele Kommentare zur sprachlichen Formulierung erledigen sich beispielsweise von selbst, wenn du Inhalte und den roten Faden überarbeitet hast. So sparst du Zeit!

Fazit

Einen ganzen Text einfach nur einzureichen und Feedback darauf einzuholen, ist, wie wir gesehen haben, meistens nicht sinnvoll. Dieses Vorgehen führt oft zu Ineffizienz, Schreibhemmungen und unnötig langen Wartezeiten – kurz: Es behindert deinen Promotionsprozess.

Es gibt aber zum Glück eine Vielzahl an effektiveren Feedback-Formaten als den reinen "Review-Style", die dich in den verschiedenen Phasen des Schreibprozesses optimal unterstützen können.

Sprich mit deiner Betreuungsperson. Selbst wenn sie es gewohnt ist, ganze Kapitel zu sehen und Feedback im “Review-Style” zu geben, sind viele Betreuungspersonen offen für Alternativen, wenn du ihnen begründete Vorschläge machst, die dir helfen, schneller voranzukommen.

Konzentriere dich dann darauf, in jeder Phase genau das Feedback einzuholen, das dir aktuell am meisten nützt.

Sei proaktiv und übernimm die Verantwortung für deinen Feedback-Prozess. Gehe nicht nur mit dem Text, sondern mit einer konkreten Frage oder einem gut vorbereiteten Dokument zu deiner Betreuungsperson.

Mit diesen Strategien kannst du deine Promotionsbetreuung aktiv gestalten und mehr in Richtung eines Mentoring entwickeln.

Aber nicht alles liegt in der eigenen Hand: Es gibt sie leider – diese Betreuungspersonen, die kein Interesse am Fortschritt ihrer Doktorand*innen haben, die am liebsten wenig bis nichts mit der Betreuung zu tun hätten und sich stur weigern, auf etwas anderes als fertige Texte Feedback zu geben.

Falls du leider an so eine Betreuungsperson geraten bist, dann hilft dir der Plan B. Auch wenn du mit unstrukturiertem und im Schreibprozess zu späten Feedback konfrontiert wirst, hast du damit Strategien, um effizient weiterzuarbeiten und die Kontrolle über deinen Überarbeitungsprozess zu behalten.

Diese Blogbeiträge könnten dich auch interessieren:

Weiter
Weiter

📚Buchtipp #2: “Selbstcoaching in der Wissenschaft – Wie das Schreiben gelingt” (Katja Günther)